Haushalt 2008

Veröffentlicht am 18.12.2007 in Kommunales

Die Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Michael Greiner zum städtischen Haushalt 2008 im Wortlaut.

"Der Aufschwung kommt bei den Menschen an.
Das ist die gute Botschaft", erklärte Bundeskanzlerin Merkel in der Generalaussprache des Bundestages zum Haushalt 2008.
Komisch nur, dass mehr als 80 Prozent der Bürger sagen, der Aufschwung sei bei ihnen nicht angekommen.
Die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die hohen Energiekosten, steigende Krankenkassenbeiträge, Reallohnverluste und die höchste Teuerungsrate seit 13 Jahren sprechen doch eine andere Sprache. Die Realität sieht halt im wirklichen Leben anders aus.
So auch in der Kommunalpolitik.
Hatten wir doch für den Haushalt 2008 auf die Prognosen der Vergangenheit gehofft, so waren wir am Ende doch etwas entäuscht. Obwohl wir keinen Fehlbetrag der vergangen Jahre auszugleichen haben, schließen wir mit einem Haushaltsdefizit von 700.000 Euro ab. Jeder hatte gehofft, die schwarze Null oder sogar, wie 2006, eine kleine freie Spitze zu haben. Aber auch bei uns kommt der Aufschwung einfach nicht an.
Die freie Spitze hat die Verbandsgemeinde. Von daher ist die Senkung der Umlage die logische Konsequenz. Auf Dauer hat die VG aus unserer Sicht aber ihre Proritäten mit mehr Personal und unkalkulierbaren Projekten falsch gesetzt. Denn Geld, welches bei uns nicht ankommt, wird auch bei der VG nicht ankommen. Wenn aber zusätzliche Kosten verursacht werden, müssen es die Gemeinden wieder zahlen und so wird eine dauerhafte Entlastung in Frage gestellt. Übrigens hat die Stadt mit dem Verzicht auf den Fremdenverkehrsbeitrag 20% der Senkung selbst finanziert, mit dem die VG um 0,25 Personalposten entlastet wurde.
Dass der Kreis seine Umlage um einen Prozentpunkt erhöht, ist daher bedauerlich. Dadurch wird das, was uns mit der einen Hand gegeben wird, mit der anderen Hand wieder genommen. Ob es hier Rückflüsse in Form von Investitionen in Schulen und Sportstätten gibt, wird sich zeigen
Zu Beginn der Haushaltsberatungen hatten wir noch ein Defizit von 900.000 Euro zu verzeichnen. Die Steuerschätzung im Herbst konnte wenigstens im Bereich der Einkommenssteuer mit ca. 200.000 Euro Mehreinnahmen zu einer Verbesserung der Lage beitragen.

Der Gewerbesteueransatz geht um 400.000 Euro zurück und gemeinsam mit der Sonderumlage, die mit ca. 270.000 Euro im Haushalt veranschlagt ist, bilden diese beiden Positionen fast unseren Fehlbetrag für 2008. Besteht für die Gewerbesteuer noch Hoffnung, dass sie sich evtl. noch durch die Konjunktur verbessert, so werden bei der Sonderumlage die Gerichte entscheiden.
Ohne Öl ins Feuer zu gießen (Zitat Rolf Kehl im Öffentlichen Anzeiger) sei zur Umlage noch anzumerken:
Für uns war und ist der Streit um dieses Thema kein parteipolitisches. Wir wollen nur zu diesem Thema eine Entscheidung, die auch trägt. Wir sehen daher einer gerichlichen Entscheidung sehr gelassen entgegen. Bis eine Entscheidung gefallen ist, zahlen wir, wie auch in der Vergangenheit, unsere Sonderumlage gemäß dem Vertrag mit der VG, sofern uns die entsprechenden Bescheide vorliegen.
Der Vorwurf (wie er zu lesen war), wir würden uns nicht vertragskonform verhalten, ist also völlig haltlos und diente doch nur zur Stimmungsmache.
Aber es gibt ja auch noch die wichtigen Themen, die uns beschäftigen. Nein, nicht die Killerrinne …..
Der Landesentwicklungsplan hat deutlich aufgezeigt, welche Entwicklungen sich in unserer Region abspielen werden. Es wird Wettbewerb geben, Wettbewerb um die Menschen, die ihre Region verlassen, um in der Nähe ihres Arbeitsplatzes zu leben.
Wer heute umsiedelt, der schaut nach der Infrastruktur in seiner Umgebung. Wie ist die Verkehrsanbindung? Welche Schulen gibt es? Sind ausreichend Kindergartenplätze vorhanden? Wie sieht das Betreuungsangebot aus? Wie sehen die Freizeitmöglichkeiten und die Naherholung aus? Wie sieht es mit Arbeitsplätzen aus?
Vor diesem Hintergrund werden wir 2008 vor Entscheidungen mit besonderer Tragweite stehen. Die Entscheidung zum Ausweisen von Gewerbefläche nördlich der B41 und die Nutzung für das Gelände Melsbach sind nur zwei Beispiele.
Im April 2005 hatte der Stadtrat beschlossen, Flächen nördlich der B41, zwischen K20 und dem „ Erdbeerfeld“ als Mischgebiet in den Flächennutzungsplan aufzunehmen. Wir stehen nach wie vor zu dieser Entscheidung. Aber hier haben wir als Stadtrat auch eine besondere Verantwortung, denn das Abwägen zwischen Ökonomie und Ökologie wird kein leichter Prozess sein. Wenn dieser Prozess aber in Gang kommen soll, müssen edlich die Fakten genannt werden. Spekulationen und Mutmaßungen bringen uns nicht weiter, sondern sind nur Nährboden für gegenseitiges Misstrauen, welches nicht Grundlage von Gesprächen sein darf. Dass das Erhalten und Schaffen von Arbeitsplätzen einen hohen Stellenwert haben muss, steht hier außer Frage.
2006 musste leider das Bad Sobernheimer Traditionsunternehmen Melsbach seinen Betrieb schließen. Seither wurde immer wieder über die Nachnutzung des Firmengeländes diskutiert, ohne aber eine konkrete Zielformulierung folgen zu lassen. Eine Veränderungssperre, die der Stadtrat beschlossen hat, hält uns weiter im Spiel, wenn es um die Verwertung dieser Flächen geht.
Vor einem halben Jahr war das Thema „Stadtnahes Wohnen“ noch ganz aktuell und stand auf der Liste der Möglichkeiten ganz oben. Jetzt ist es bei dem einen oder anderen kein Thema mehr. Aber warum? Der Rückgang an Bauanträgen ist nicht erst seit gestern zu beobachten.
Es gibt auf einmal auch keinen Bedarf an einem Hotel mehr. So war es in der Presse zu lesen. Obwohl einige, die diese Thesen teilen, noch vor nicht all zu langer Zeit viel Geld für das Bad Sobernheimer Hotelprojekt ausgegeben hatten. Weil wir doch ein Hotel brauchen. Jene hatten auch gejubelt als man die Sauna zum Schnäppchenpreis verkaufen wollte und gleich das Rosenbergstadion mit … zum Bau eines Hotels.
Jetzt gehen einige auf Distanz zur ihren eigenen Vorschlägen.
Uns ist völlig klar, dass man zum Umsetzen von Ideen auch die notwendigen Mittel haben muss. Entweder eigene oder fremde.
Keine eigenen Mittel zu haben darf aber nicht dazu führen, dass die Stadt nur noch Zuschauer ist und von Fremdmitteln bestimmt wird. Mitreden wollen wir und mitreden sollen auch die Bürger. Das wurde ihnen versprochen und so soll es auch in den Bürgerwerkstätten sein. Projekte dieser Größe haben Auswirkungen auf den gesamten Stadtbereich. Ob Autoverkehr, Einkaufsverhalten oder städtebauliche Aspekte, alles ist zu beleuchten und dann erst zu entscheiden.
Wie bei der Gewerbefläche als auch hier. Die Investoren müssen die Karten so bald als möglich auf den Tisch legen. Nur mit genauen Informationen machen Planungen überhaupt erst Sinn.

Wir plädieren beim Gelände Melsbach für ein ordentliches Bebauungsplanverfahen und nicht für das Bauen nach § 34.
Dieses Verfahren gewährleistet aus unserer Sicht eine ordnungsgemäße Einbeziehung aller Beteiligten inkl. der Ergebnisse der Bürgerwerkstätten, die bestimmt nicht nur an einem Samstagvormittag stattfinden werden.
Innenstadtentwicklung ist halt nicht nur das Ausweisen von Parkplatzflächen.
Die Probleme in den Innenstädten gibt es nicht nur bei uns. Hier hat die IHK-Koblenz mit vielen Städten und Gemeinden bereits Konzepte und Ideen entwickelt, die unter Umständen auch für Bad Sobernheim von Interesse wären.
Eine Idee ist z.B., dass man Existensgründern in der Innenstadt Mietkostenzuschüsse während der Aufbauphase zahlt. So könnte Wirtschaftsförderung mit Innenstadtbelebung betrieben und Leerständen vorgebeugt werden.
Unter www.dssw.de können weitere Ergebnisse nachgelesen werden.
Eine spannende Frage dürfte in diesem Zusammenhang die Vekehrsproblematik sein. Vor dem Hintergrund des Luftgutachtens dürfte es ja fast schon der Quadratur des Kreises gleichkommen, hier ein für alle tragfähiges Konzept zu erstellen. Das müssen auch alle die zur Kenntnis nehmen, die aus der Innenstadt ein einziges „Drive In“-Geschäft machen wollen.
Bei der Stadtentwicklung wurde aber auch schon manches auf den Weg gebracht. Die Maßnahme „Umbau Synagoge“, die 2008 endlich begonnen werden kann, ist ein Beispiel dafür. Wir sind uns sicher, dass wir der Synagoge und der Stadt auf lange Sicht ein entsprechendes Umfeld geben werden, das auch dem Gedenken an dieses Gebäude gerecht wird und Zeichen setzt. Dieses Projekt verdient und hat auch unsere volle Unterstützung.

Alte Sofas kommen auf den Sperrmüll…. aber nur die.
Dass der Runde Tisch für Sobernheimer Familien nicht diesen Gang gehen musste, ist sehr erfreulich und allen Beteiligten sei Dank.
Unsere Gesellschaft ist auf dem Weg ihr soziales Gesicht zu verändern. Die demographische Entwicklung, Ganztagsschulen, Ganztagskindergärten werden unser Miteinander zukünftig prägen. Da ist es sehr zu begrüßen, dass es Bürgerinnen und Bürger gibt, die diesen Prozess mit ihrer Arbeit auf dem „SoFa“ begleiten wollen.
Aber nicht nur das SoFa, auch unsere Vereine und Verbände stehen vor neuen Herausforderungen. Jugendarbeit wird mittelfristig nur noch ab 17:00 Uhr stattfinden können. G8GTS, Realschule-plus oder die Ganztagsgrundschule sind Schulformen, die diese Veränderungen beschleunigen. Was bisher nur als Angebot galt, wird zukünftig Pflicht sein und die Träger der örtlichen Jugendarbeit müssen sich dieser Herausforderung stellen. Damit sie sich aber stellen und weiterhin wertvolle Arbeit leisten können, benötigen sie die Unterstützung der Politik. Nicht nur mit guten Worten zu Jubiläen sondern mit entsprechenden Mitteln. Im Haushalt wurden zusätzlich zu den Zuschüssen für jugendliche Mitglieder von 2500 Euro, weitere 4000 Euro für Projektarbeiten und besondere Maßnahmen im Rahmen der Jugendarbeit eingestellt. Hier appelliere ich an unseren Stadtvorstand, diese Mittel offensiv gegenüber der Kommunalaufsicht zu verteidigen.
Ausdrücklich begrüßen wir hier die Initiative des VG-Bürgermeisters, der allen, die Nachmittagsbetreung für Grundschulkinder anbieten, 30 Euro Zuschuss pro Kind und Monat zukommen lassen will, solange die VG als Schulträger noch keine Nachmittagsbetreung anbieten kann. Ich gehe davon aus, dass dieses für alle Anbieter gilt und nicht nur für „SoNJA“?

Einer nachfolgenden Generation einen ausgeglichenen Haushalt zu überlassen mag ein hehres Ziel sein. Dieses darf aber nicht damit erreicht werden, indem alle Investitionen unterlassen werden und dieser Generation als Erblast eine marode Infrastruktur übergeben wird. Ob bei Straßenbau oder Gebäudesanierung, man kann über vieles reden, aber man muss auch etwas tun.

Und wenn man es nicht allein tun kann, dann vielleicht mit einem Partner. So muss der Stadtvorstand den Gesprächsfaden mit dem Schulträger des Gymnasiums aufnehmen, ob nicht im Rahmen der G8GTS eine erweiterte Nutzung der „Alten Grundschule“ möglich, sinnvoll und gewollt ist.
Wir als Sitzgemeinde der Schulen werden noch weitere Male gefordert sein, wenn es darum geht Grund und Boden für Schulbauten zur Verfügung zu stellen. Neue Sporthallen, neue Schulen brauchen ihren Platz. Bisher gibt es nur Gedankenspiele, aber wir wissen, dass es manchmal ganz schnell gehen kann. Und gut, wer seine Hausaufgaben dann gemacht hat. Zu diesen Hausaufgaben gehört auch die Neuordnung der Sportstätten. Dinge jetzt nicht zu tun könnten sich in der nahen Zukunft als Fehler erweisen.

Das waren jetzt nur einige ausführlichere Anmerkungen zu Themen im kommunalen Haushalt der Stadt 2008. Weitere wichtige Themen sind und bleiben:
die Nordanbindung
hier haben wir immer noch keine Rückmeldung zu den Gesprächen mit dem Verkehrsverbund, sofern sie stattgefunden haben.
ein „Zweckverband Kindergärten“
ist für uns auch noch nicht vom Tisch. In Zeiten der Ruhe muss man über Änderungen nachdenken und nicht erst wenn Druck entsteht.
der Fremdenverkehr
wie im gemeinsamen Ausschuss besprochen, werden in den Bürgermeisterrunden die Projekte abgefragt, mit denen sich die Gemeinden im Naturparkverein positionieren wollen. Mit was bringen wir uns ein?

Und noch vieles mehr…

Wir haben vor uns einen Haushalt, den wir uns besser gewünscht haben. Einen Haushalt, der der letzte in dieser Form war. Beim nächsten haben wir die Doppik und ich bin gespannt auf das, was da auf uns zukommt.
Die einzelnen Zahlen im Haushalt wird Herr Peeters, der auch nach vielen Jahrzehnten Abschied von der Kameralistik nehmen muss, bestimmt noch im Detail kommentieren.

Mit einem kleinen Dankeschön an Fritz Baus und Eli Strehl, die uns immer mit Rat und Tat durch die Haushaltsberatungen begleitet haben, möchte ich meine Ausführungen zum Haushalt 2008, dem die SPD-Fraktion zustimmt, beenden.